Otto Dix und der Nationalsozialismus (Dissertation, 2019)

Die reziproke Verwebung von gesellschaftspolitischen Einflüssen und künstlerischer Entwicklung widerspiegelt den Forschungsfokus meiner 2019 abgeschlossenen Dissertation „Ein deutscher Maler. Otto Dix und der Nationalsozialismus“. Im Fokus stehen die Analyse der Werkgenese und die sich darin abbildenden politischen Einflüsse.

Das während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland entstandene Werk des Künstlers Otto Dix (1891‒1969) hat in der Forschungslandschaft bislang eine sekundäre Position eingenommen. Grund hierfür ist einerseits Tatsache, dass das gesellschaftspolitisch-veristische Œuvre der 1920er Jahre noch heute als charakteristisch für den Maler gilt und sowohl in der Forschungslandschaft als auch auf dem Kunstmarkt von fortwährend großer Popularität ist. Andererseits fand 1933 ein signifikanter künstlerischer Umbruch im Schaffen von Dix statt, der einen grundlegenden motivischen Wechsel nach sich zog. Anstelle der charakteristischen, sozial- und zeitkritischen Darstellungen avancierte Otto Dix mit dem Beginn der nationalsozialistischen Diktatur zum Landschaftsmaler. Diese künstlerische Entwicklung fand zeitgleich mit der sogenannten »Machtergreifung« statt. Damit einher ging, dass der Maler und sein Werk im Zuge der NS-Kulturpolitik fortwährend als ›sittlichkeitsgefährdend‹ und ›den Wehrwillen des deutschen Volkes beeinträchtigend‹ angeprangert. In der Folge unterlag Dixʼ Partizipation am offiziellen Kunstgeschehen starken Einschränkungen und seine Lehrtätigkeit an der Dresdner Akademie der Künste wurde vor dem Hintergrund seiner pazifistischen Kriegskunst beendet.

Die 2019 abgeschlossene Dissertationsschrift folgt der These, dass der künstlerische Umbruch ursächlich in den vorherrschenden staats- und gesellschaftspolitischen Entwicklungen begründet liegt. Dabei wird der motivische Wandlungsprozess jedoch nicht als Abkehr von zeitkritischen Kommentaren am Medium der Malerei begriffen, sondern die Landschaftsgattung als subtile, Zeitkritik im Verborgenen transportierende Ausdrucksform erachtet. Um Dixʼ künstlerische Situierung im reziproken, zeitpolitischen Verhältnis zu untersuchen, werden der Maler, sein Werk und sein berufliches Vorkommen zunächst in den kunst-politischen Kontext der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus sowie der unmittelbaren Nachkriegszeit gesetzt. Über die Extraktion der politisch-ikonografischen Lesarten hinaus, wird zum Ziel gesetzt, die Arbeiten des Malers im Zusammenhang der jeweiligen Entstehungszeit zu erfassen. Dabei haben die Auswertung der Quellen sowie die Werkanalysen ergeben, dass Dixʼ Œuvre zwischen einem Konservatismus und kritischer Stellungnahme oszilliert die sich auch in der kunstpolitischen Stellung zwischen Verfemung und Anerkennung widerspiegelt.

Otto Dix, Hegaulandschaft am Abend (1935), Mischtechnik auf Holz, 60 x 85 cm, Otto Dix Stiftung, Vaduz © VG Bild-Kunst, Bonn 2020

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