Zwei Abendvorträge

Universität Hamburg / Warburg-Haus · 03 12 2019

Veranstalter*innen: Dr. des. Ina Jessen und Prof. Dr. Uwe Fleckner

Referent*innen: Dr. Belinda Grace Gardner und Dr. Dirk Dobke

Gefördert durch die Liebelt-Stiftung (Hamburg)

 

Dr. Belinda Grace Gardner, Dauer des Ephemeren. Teresa Margolles’ existenzielle Spurensicherung

Die Fragilität des menschlichen Daseins ist ein Leitthema des ephemeren Werks von Teresa Margolles (*1963 in Culiacán, Sinaloa). Die mexikanische Künstlerin verlegt die Vanitas in den Hades der gerichtsmedizinischen Abteilungen von Mexico City. Ihre feinstofflichen, zutiefst politischen Memento mori gedenken den namenlosen Toten, die in Mexikos Hauptstadt und in anderen Metropolen des Landes in hoher Zahl gewaltsam ums Leben kommen. In ihren Installationen und Skulpturen setzt Margolles symbolisch das Wasser ein, das bei der Waschung der Toten im Obduktionssaal Verwendung findet. Dunst und Seifenblasen werden zu immateriellen Medien der “Transsubstantiation” mittels derer die Körper der Verstorbenen in die Welt der Lebenden hineingetragen werden. In ihren Bildern jenseits der Bilder transzendiert Margolles die Grenze zwischen Leben und Tod und sichert die Spuren der Abwesenden vor dem restlosen Verschwinden.

Dr. Dirk Dobke, Dieter Roths „Schimmelmuseum“ zwischen Installation und musealer Selbstinszenierung

Dieter Roth erweitert in den 1960er Jahren seinen Kunstbegriff, indem er die Faktoren Zeit und Zufall durch die Verwendung von organischem Material an der Werkentstehung teilhaben lässt. 1991-1994 installiert er in Hamburg Harvestehude das sogenannte „Schimmelmuseum“, das bis 2004 besteht. Seine Motivation für diese Installation ist es, die prozesshaften, d.h. Schimmel- und Fäulnisprozessen unterworfenen frühen Arbeiten nicht museal zu inszenieren, sondern deren Veränderungsprozesse aktiv vorzuführen. Es entstehen raumhohe Türme aus Zucker- und Schokoladenfiguren sowie mit Obst und Gemüse gefüllte Fäulnisobjekte und Gewürzkästen. Die sichtbaren, kontinuierlichen Werkveränderungen erlebte der Betrachter im Zusammenspiel mit starken olfaktorischen Eindrücken und den dort lebenden Insekten. Auf diese Weise schafft Roth eine Installation zwischen eigenständigem prozesshaftem Werk und quasi musealer Präsentation. 

Dieter Roth, Schimmelmuseum (1994-2004), Fotografie: Heini Schneebeli, 1999
© Dieter Roth Foundation Hamburg / Courtesy Hauser & Wirth

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